Weisseritz-Zeitung

1. Beilage. Zu Nummer 48. Sonnabend. 23.4.1892. 58. Jahrgang.
Der Bierzwang zu Dippoldiswalde
und das Dorf Ruppendorf

Laut Auszug aus dem Gerichtsbuche zu Ruppendorf hatte Gregor Bormann, Richter zu Ruppendorf, das Braurecht, auf seinem Gute ruhend, 1541 zu Michaelis für 100 Rheinische Gulden an Herrn von Maltitz auf Dippoldiswalde verkauft. Und zwar, nach einer Beurkundung durch den Schösser Wolf Blade von 1542 gehalten von Ostern bis Petri Pauli Dippoldiswalder, und in der übrigen Zeit, Maltitzer Bier zu schenken. Durch den Verkauf war das Maltesische Recht an den Kurfürsten übergegangen, welcher durch Befehl vom 5. Mai 1587 es gegen Erlegung von hundert Rheinischen Gulden an den Rat von Dippoldiswalde überließ, so dass dieser nun die volle Bierzwangsgerechtigkeit über Ruppendorf besaß. Dem Schenken zu Ruppendorf ließ der Kurfürst durch den Schösser Steudel mitteilen, dass er sich keine Hoffnung machen solle, die Gerechtigkeit wieder zu erlangen, das seinem Herrn "an mehr an einem Städtlein, den Dorfschenken"

gelegen sei. Nun erfuhren die Bürger, dass der Wirtschafftsbesitzer Dressler zu einer Hochzeit Freiberger Bier eingelegt habe, und entsendeten am 10. Februar 1588 den Ratsdiener in Begleitung des Amtsdieners, behufs Versiegelung des Fasses. Dressler und der Bräutigam widersetzten sich dem und das Dorf lief zusammen. Die Einwohner "sind kommen mit Wehren (Waffen), Dremeln (Knütteln), Stangen haufenweise heraus gefallen und mit Gewalt gewehret und endlich Tür und Hof zugemacht, keinen herauslassen wollen und öffentlich zu wo einer würde in den Keller gehen so sollte keiner lebendig herauskommen". Dazu stießen sie gotteslästerliche Schmähungen aus. Der Koch Martin Lohse "hat einen hierher geforkelt und den anderen dahin gestoßen" und drehte mit einer Axt. Darauf erklärten die Abgesandten, sie würden, wenn der Befehl des Hauptmannes von Mangoldt nicht befolgt würde, denselben berichten. Die Bauern zogen ihnen nach, schalten sie Schelme und Diebe, zerrissen den Befehl, verlegten ihnen Wege und Stege mit wehrhafter Hand und trieben sie zurück ins Erbgericht. Dort wurden sie eingesperrt. Nachdem sie eine gute Weile in der Nacht gesessen, erschien hier Thomas Beyer und rief: "Wo sind die Schelmen? Die Dippoldiswalder sind alle Schelme und Krautsieder. Konntet ihr sie nicht flugs totschlagen?" Paul Brözel schrie "wenn er da gewesen, so hätte ihrer keiner beim Leben bleiben sollen und

wollte sie totgeschlagen haben; sollte eben so wenig draus geworden sein, als mit denen, so zu Klingenberg erschlagen waren, er wollte das hier mit ihrem Blute versiegelt haben." Der Koch schalt den Amtsschösser einen Schelm und Dieb. Die beiden im Gewahrsam verhielten sich ganz ruhig, denn sie waren ihres Lebens nicht sicher. Als der Richter abermals erschien und anfragte was man mit den Gefangenen machen solle, begehrten viele sie in Ketten zu schließen und in den alten (jetzt noch stehenden) Turm zu werfen. Endlich wurde beschlossen, sie von vier Wächtern bewachen zu lassen, welche mit Schmähungen fortfuhren und die bekannte Einladung des Götz von Berlichingen beifügten. Der Rat von Dippoldiswalde sandte einen Boten und ließ den Gefangenen melden, sie sollten sich gedulden "bis auf morgen, bis man den Herrn Hauptmann erlangen und um Schutz anrufen könnte." Obwohl der Bote erklärte, er sei gesandt, seinen Nachbarn etwas zu vermelden, behandelte man ihn als Verräter und Kundschafter und schloss ihn in Ketten. Der Hauptmann von Mangolt....(Fortsetzung)




nahm sich der Sache an. Die Hauptschreier wurden ins Gefängnis gesetzt und erst freigelassen, als Georg Ebert, Brosius Kohl, Merten Ebert, Andreas Goebel und Lorenz Lieber erklärten, dass sie "mit ihrem Hab und Gütern vor ihre Nachbarn, wie sie itzo in Gehorsam wegen ihres begangenen Frevels sitzen, haften, wenn und zu welcher Zeit sie gefordert werden sie wiederum an Ort und Stelle zu schaffen, oder an ihrem Hab und Gütern, was ihnen zuerkannt und auferlegt wird, Hilfe und Abtrag zu gedulden." Auf Bericht von Mangolt an den Kurfürsten 12. Februar 1588 und des Rates an denselben 13. Februar 1588 wurde ersterer angewiesen: "Wenn wir denn ob solchen Mutwillen und tätlichen Beginnen ein besonders ungnädiges Missfallen tragen und gar nicht gemeint, es dergestalt und also ungestraft hingehen zu lassen so ist hiermit unser Begehren," die Sache zu untersuchen und die Übeltäter zur Strafe zu ziehen (18. Februar 1588). Am 3. März 1588 wurde der Richter Körner bedeutet, sich des Brauens, sowie des Einlegens und Verzapfen fremder Biere zu enthalten und bei Ungnade des Kurfürsten, das Bier in Dippoldiswalde zu entnehmen, aber schon am 12. Oktober beklagte sich der Rat, dass Körner fremdes Bier eingelegt und gedroht habe, dass die Bürger , welche Bier nach Ruppendorf bringen wollten, nicht sicher vor ihm sein sollten. Für künftige Fälle wurde nun eine Strafe von 10 Talern festgesetzt. Trotzdem hatte Paul Pröpel, ein Bestrfter von 1588, laut Bericht des Rates vom 22. September 1594, abermals Freiberger Bier eingelegt und sich geweigert, die Strafe zu bezahlen, wozu aber ja gezwungen wird. 1595 fragte der Richter Kasper Hermann vorsichtigerweise erst an, ob man ihm zwei Fass Freiberger Bier gestatten wolle,



da er in den nächsten Tagen ein Kegelschieben veranstalten wolle und zu Dippoldiswalde nur wenig und sauer Bier vorhanden sei. Am 21. September 1601 sendete der Rat die junge Bürgerschaft in gehöriger Stärke zu Georg Richter, ihm ein Fass Freiberger Bier wegzunehmen. Dieselbe übte Vergeltung für die Vorgänge von 1588, riss Haspeln und Türen auf und ließ ein Hinterviertel von einem Kalbe, 20 Pfund Rindfleisch und einen Kessel mitgehen. Zugleich wurde einem Salzfuhrmann der Wagen fortgeschoben und ein Rock und eine Wagenwinde entwendet. Das willenstarke Auftreten des Rates half ein Zeitlang trotz schiedsgerichtlicher Abschiede von 1664, 1668, 1670, weigerte sich aber Ruppendorf unter verschiedenen Vorwänden der Anerkennung seiner Verpflichtungen. Nachdem die Amtsdorfschaften 1726 acht Wochen kein Bier geholt hatten, wurde wiederum eine Razzia auf fremde Biere veranstaltet und beim Richter Heber in Ruppendorf kam es bei Beschlagnahme eines fremden Fasses zu einer Balgerei. Heber wurde in die Kosten sowie zu einer Geldstrafe verurteilt und dieselbe zwangsweise von ihm eingebracht.




Warum weigerten sich aber die Amtsdorfschaften das Dippoldiswalder Bier zu verschenken? Das Freiberger Bier wurde anscheinend etwas stärker gebraut und bei seinem reichlichen Absatz war es immer frisch und gut zu erhalten, während zu Dippoldiswalde die Brau- und Gärhhäuser nicht in bestem Zustand waren. Dies gilt jedoch nur für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Eine Probe davon! Am 19. Juni 1727 musste der Braugehilfe Keilpflug zugestehen, das in den Bütten, wo rein das Malz geschüttet wurde, sich viel "Kaul-Aerse" (Kaulquappe, Frösche in der Umwandlung) gefunden hätten. Ein anderer Zeuge sagt aus, dass die niederländischen Bauern welche die Träber kauften, hatten behauptet derselben seien so voll kleiner Frösche gewesen, dass das Vieh nicht habe davon fressen wollen. Ein dritter Zeuge bekennt, dass sich die Röhren mit Kaulquappen ganz verstopft gehabt hätten unendlich eine solche Menge aus derselben hervorgekommen sei, dass man sich hätte ihrer nicht habe erwehren können. 1733 erklärte Erbrichter Samuel Mentzer von Ruppendorf, dass er durch Zeugen beweisen könne, dass kleine Frösche in ganzen Stücken zum Ekel der Trinker im Biere gefunden worden seien. Andererseits erklärten 1739 die Ratmannen, dass Gäste beim Mentzer im Bierkrug eine lebende Schmerle gefunden hätten, woraus doch hervorgehe, wie das Bier augenblicklich vor dem Genuss mit Dorfbachwasser verdünnt worden sei.

Wohl bekomm's! Konrad Knebel

Abgeschrieben vom Original am 25.06.2021 von Gerold Müller

Herzlichen Dank Herrn Gerold Müller für die freundliche Unterstützung


Grundbesitzer Beerwalder Str. 2

lt. Gerichtsbuch und Grundsteuerkataster


1569 - Franz Hünich


1599 - Steffan Prötzel


1634 - Christoff Pfundt
(Erbschenke)


17.02.1666 - George Johne


17.04.1680 - Michael Johne


unbekannt - Georg Johne


14.10.1692 - Samuel Johne
(Erbschenke)


28.04.1710 - Michael Johne

unbekannt - George, Caspar Johne


20.03.1717 - Michael Heber
(Erbschänke)


26.02.1728 - Dorothea, Maria König


1743 ? - Samuel Mentzer


05.10.1750 - Ehrenfried Heber


18.03.1758 - Ehrenfried Heber
(Erbgericht)


26.02.1788 - Johann, Heinrich Göbel


07.07.1807 - Christian, Gottlieb Näcke

05.05.1820 - Carl, Gottlob Holfert
(Erbgericht)


04.07.1843 - Carl, August Wachsmuth
(Gasthof)


16.06.1845 - Johann, Traugott Wirth


17.07.1857 - Carl, Friedrich Lippisch


28.06.1877 - Friedrich, August Schneider


03.11.1921 - Max, Rudolph Schneider


unbekannt - Erben Schneider


unbekannt - Siegmar Richter

Herzlichen Dank Herrn Gerold Müller für die freundliche Unterstützung

Erbgericht

Begriffserklärung (Quelle Wikipedia)

Erbgericht bzw. Patrimonialgericht (auch: Lehngericht oder Erblehngericht) hieß im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der Sitz des Erbrichters, also jenes Mitgliedes der dörflichen Gemeinde, welches dem Dorfgericht vorstand und dieses Amt an seine Nachkommen weitergeben konnte, ohne dass der Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, dies war häufig der Grundherr, Einfluss auf die Besetzung der Stelle nehmen konnte. Der Erbrichter erhielt einen Teil der Gerichtsgebühren und der fälligen Bußgelder, zumeist ein Drittel. Der Rest ging an den Inhaber der Gerichtsbarkeit.

Geschichte

In den Ländern östlich der Elbe-Saale-Linie, also der im Mittelalter etwa entlang der Elbe und Saale verlaufenden Siedlungsgrenze zwischen deutschen und westslawischen Stämmen, wurde das Erbrichteramt bei der Anlage von Dörfern nach deutschem Recht (Sachsenspiegel) geschaffen und in der Regel mit einem besonders großen Bauerngut verbunden. Nicht selten kam die Erbrichterstelle in den Besitz des Lokators und seiner Nachkommen. Er wurde damit für die Verdienste um die Gründung des Dorfes entlohnt. Häufig waren mit dem Erbrichteramt auch das Schankrecht und das Braurecht verbunden. Deshalb heißen noch heute in nicht wenigen Dörfern Gaststätten Erbgericht oder z. B. Brauschänke (vgl. Tafernwirtschaft).

Die Erbrichter oder Erbschulze, im schlesischen und polnischen Raum Woith genannt, waren Schultheiße. Sie hatten das Recht, die Dorfschänke (-krug), auch den Kretscham zu führen. Die Steuern wurden von ihnen eingenommen. Sie durften auch Handwerker halten und eigene Mühlen betreiben. Die wirtschaftliche Vorrangstellung war mit der dörflichen Polizeigewalt und der niederen Gerichtsbarkeit (im Gerichtskretscham) verbunden. Dort wurden Geburten und Todesmeldungen registriert, das Hochzeitsgeld bezahlt, Feiern abgehalten und Losbriefe beantragt. In Dörfern ohne Schule wurde im Kretscham unterrichtet. Man fungierte bei höheren Gerichten als Beisitzer.

Ganz ähnlich war dem Erbrichter von der Funktion her der Lehnrichter, nur dass dieser sein Amt und sein Gut als Lehen hatte. Deshalb war er zusätzlich auch zur Heeresfolge verpflichtet, wenn seine Herrschaft ihn dazu aufforderte. In der Oberlausitz war die Belehnung mit dem Richteramt bis zum Dreißigjährigen Krieg keine Seltenheit, sie kamen vor allem im sorbischen Siedlungsgebiet vor, wenngleich auch dort in der Mehrzahl Erbgerichte bestanden.

Die Entstehung der Oberlausitzer Richterlehen ist ungeklärt. Manche Historiker sind der Auffassung, dass sie aus dem sorbischen Adel oder den Zupanen hervorgegangen sind. Mit der Ostbesiedelung ging eine Christianisierung einher und bekehrte sorbische Adlige unterstützten die neuen Herren. Vielen Sorben erschien die von den deutschen Kolonisten eingeführte Erbgerichtsbarkeit mit einer weitgehenden lokalen Selbstverwaltung als vorteilhaft. 1218 lehnten sich sorbische Bauern gegen ihren Feudalherren Mocco von Stolpen auf und unterstützten Bischof Bruno von Meißen bei der Landnahme.

Eine besondere Rolle hatten die Erblehnrichter im Amt Stolpen inne, z. B. in Großdrebnitz. Sie unterstanden keiner Feudalherrschaft, das Richteramt war erblich und die Güter wurden frühzeitig allodifiziert, d. h., in persönliches Eigentum oder Freigüter umgewandelt. Die Erbrichter waren zumeist von Frondiensten befreit.

Es gab Dörfer, in denen das Richteramt nicht erblich war. Der Richter wurde vom Grundherrn eingesetzt (Setzrichter) oder das Amt ging unter den Bauern reihum (walzendes Gericht).

Kontakt

info@erbgericht-ruppendorf.de

035055-139938

035055-139947

Anschrift

Erbgericht Ruppendorf

Inh. Maik Hartmann

Beerwalder Straße 2

01774 Klingenberg OT Ruppendorf

Öffnungszeiten

Mo, Di, Mi: Ruhetag

Do, Fr: 17:00 - 22:00

Sa: 15:00 - 22:00

So: 11:30 - 20:00

und nach Vereinbarung